«Beispiel Küngenmatt» – Alternativen zum Abriss

Verein Mieten-Marta
ETH

Im Diskurs um die sozialökologische Bauwende ist häufig zu hören, «man könne nicht mehr anders bauen als mit Abriss-Neubau». Die Gründe bleiben oft vage und werden nicht gegeneinander abgewogen: So würden etwa Sanierungen und Aufstockungen wegen Regulierungen zu Statik, Barrierefreiheit, Parkplätzen und Brandschutz zu teuer; oder die Substanz des Bestandes sei zu alt; ein anderes Projekt als Abriss-Neubau sei nicht wirtschaftlich; alternative Szenarien scheitern an der Verdichtung; oder ein Neubau sei schlicht das ökologischste Projekt.

Dabei stellen sich diese Argumente bei genauerer Betrachtung entweder als unvollständig heraus (z.B. aufgrund eines fehlenden Einbezugs der grauen Energie/Emissionen), hinterfragen nicht unsere Vorstellungen von Wohlstand (z.B. ob überall ein gleich hoher Ausbaustandard ein Muss ist), wären kreativ umsetzbar (z.B. Barrierefreiheit durch Laubengänge statt durch Lifte) oder könnten mit veränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen durchaus funktionieren (z.B. durch ein Hinterfragen der Parkplatzvorgaben oder hohen Anforderungen an Gebäudetechnik).

Statt allgemeine Hinweise auf den Status Quo brauchen wir darum dringend konkrete Beispiele, die aufzeigen: Es ist möglich, anders zu bauen! Und wir müssen ehrlich und im nötigen Detail aufzeigen, unter welchen Bedingungen dies umsetzbar wird. Im vorgeschlagenen Innovationsprojekt geht es uns darum, Alternativen zum Abriss-Neubau zu mainstreamen, indem wir für bestehende Siedlungen nachhaltige Umbaupläne vorschlagen und dafür im Detail ausrechnen und aufzeigen, welche ökologischen, sozialen und ökonomischen Konsequenzen dies hätte. Diese konkreten alternativen Geschichte gilt es zu erzählen und damit ein Anders-Bauen zu inspirieren und zu ermutigen.

Eine erste Initiative entstand 2022 mit dem Beispiel Bergacker (www.beispiel-bergacker.ch). Dabei wird eine Nachkriegs-Siedlung mit Baujahr 1954 auf ökologische, soziale und ökonomische Alternativen hin befragt. Die ersten Schlüsse daraus zeigen, dass Strategien wie Aufstocken und Anbauen diskussionswürdig sind und kombiniert mit einem Teilersatz (statt Totalersatz) tatsächlich ökologisch wie sozial nachhaltige Lösungen denkbar werden.

Die Initiative «Beispiel Bergacker» war bewusst so angelegt, dass sie sich bei Gelegenheit auch in eine Reihe mit anderen Beispielen auswachsen kann. Das grosse Interesse am öffentlichen Anlass im ZAZ Bellerive zeigte, dass Bemühungen in diese Richtung unbedingt weitergeführt werden sollen. Nun bietet sich eine ideale Gelegenheit mit der Siedlung Küngenmatt im Heuried. Diese vorbildlich erhaltene und erst kürzlich noch sanierte Siedlung wird von der Eigentümerin (Crédit Suisse) 2025 abgerissen und durch Neubauten ersetzt. Von den Mieter*innen wird seit Monaten ein vehementer Widerstand an die Öffentlichkeit getragen, der die ökologischen und sozialen Konsequenzen dieses Vorgehens aufzeigt (www.wirbleibenimheuried.ch). Die Betroffenen haben viel Material zusammengetragen, welches nun in ein zweites «Beispiel Küngenmatt» aufgearbeitet werden kann. Die ökonomischen Berechnungen sind seitens Hannes Reichel (ETH Zürich) zugesichert. Der Verein Mieten-Marta bietet sich an, die aufwändige Koordination mit weiteren Inputgebenden sowie die Aufarbeitung des Berichts, Website und deren Veröffentlichung (inkl. öffentliche Diskussion) zu organisieren.

Damit wollen wir den öffentlich-fachlichen Diskurs um Alternativen im Bauen weiterbringen und konkretisieren.